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Expertenaustausch zum Thema Waldbrandbekämpfung bei INFOCA in Andalusien

Erstellt von ABI Dipl.-Ing. Dr. Hannes Kern am 27.11.2024

Im Rahmen des „Exchange of Experts“-Programms (EoE) der Europäischen Kommission hatte ein Expertenteam des Landesfeuerwehrverbandes Steiermark vom 28. Oktober bis 1. November 2024 die Gelegenheit, die Methoden und Strukturen im Waldbrandmanagement in der spanischen Region Andalusien kennenzulernen. Gastgeber war INFOCA, die spezialisierte Behörde für Waldbrandprävention und -bekämpfung in Andalusien. Der Austausch bot umfassende Einblicke in die integrierte Herangehensweise Andalusiens an eine der größten Herausforderungen der Region – die effektive Bewältigung von Waldbränden.

 

Teilnehmende Experten und Programm

Die steirische Delegation, bestehend aus OBR Harald Schaden, OBR Dieter Pilat, ABI Thomas Fessl, ABI Bernd Fladischer, ABI Hannes Kern und OBI d. LFV Christian Hermann, besuchte unter anderem regionale und lokale Einsatzkoordinationszentren, nahm an praktischen Übungen teil und analysierte INFOCA’s organisatorische, technologische und taktische Ansätze. Ziel war es, von den andalusischen Erfahrungen zu lernen und wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung der Waldbrandbekämpfung in der Steiermark zu gewinnen.

INFOCA, eine Einrichtung der andalusischen Regionalregierung, beeindruckte durch ihren systematischen und integrierten Ansatz. Von der Prävention über die taktische Brandbekämpfung bis zur Analyse im und nach einem Einsatz setzt INFOCA auf zentrale Koordination, modernste Technologie und den Einsatz spezialisierter Teams. Eine der Hauptstärken des Systems ist die enge Verzahnung von Boden- und Luftressourcen sowie die Nutzung von Datenanalyse und Simulationen und wissenschaftlichen Methoden.

Ein besonderes Augenmerk legte INFOCA auf Präventionsmaßnahmen. Diese umfassen unter anderem bewusst und geplant gelegte Feuer, die gezielte Reduktion von Biomasse in Gebieten mit sehr hohen Risiken. Darüber hinaus wird auf die Integration der lokalen Bevölkerung in Präventionsprojekte gesetzt.

Ein zentraler Aspekt des Austausches war die Vorstellung des modularen Einsatzleitsystems (ICS) welches dem bekannten SKKM-Stabsmodell ähnelt aber nicht vollständig gleicht. Es erlaubt eine skalierbare Reaktion auf Brände unterschiedlicher Größen und ist im Detail auf den Waldbrandeinsatz abgestimmt. Das System basiert auf klar definierten Rollen und Verantwortlichkeiten und garantiert so Effizienz und Sicherheit auch bei der Waldbrandbekämpfung.

Besonders hervorzuheben ist die Rolle der fliegerischen Einsatzleitung, die durch speziell geschulte Beobachter den Einsatz der Luftfahrzeuge direkt aus der Luft koordiniert. Diese „Air Observers“ gewährleisten, dass Helikopter, Löschflugzeuge und Bodentrupps optimal aufeinander abgestimmt arbeiten.

INFOCA setzt auf eine spezialisierte Pilotenausbildung, die auf die besonderen Herausforderungen der Waldbrandbekämpfung zugeschnitten ist. Neben den allgemeinen Flugausbildung müssen Piloten spezifische Schulungen absolvieren, die praxisnahe taktische und sicherheitsrelevante Inhalte umfassen.

Die Piloten werden intensiv in der Zusammenarbeit mit Bodencrews und in der Koordination mit Einsatzleitern geschult. Dazu gehört der präzise Einsatz von Wasserabwürfen in verschiedenen Geländeformen sowie das Agieren in komplexen Brandsituationen. Darüber hinaus trainieren die Piloten regelmäßig den Umgang mit Löschbehältern (z. B. Bambi Buckets) und das punktgenaue Absetzen von Wasser oder Löschmitteln unter dynamischen Bedingungen. Regelmäßige Schulungen und Einsatzübungen stellen sicher, dass Piloten immer auf dem neuesten Stand der Technik und Taktik bleiben.

Ein weiterer zentraler Bereich, ist der Einsatz von Bodencrews. Auch die Einsatzerfahrung von INFOCA zeigt, dass Waldbrände nur vom Boden aus wirklich gelöscht werden können. Speziell ausgebildete Einheiten für die Bodenbrandbekämpfung wurden hier in Anlehnung an Kanadische und US Amerikanische Standards ausgebildet. Diese Teams sind das Rückgrat der Waldbrandbekämpfung und arbeiten Hand in Hand mit den Luftfahrzeugen. INFOCA verfügt über ein mehrstufiges Bodensystem, das sich durch klare Strukturen und spezialisierte Aufgaben auszeichnet:

BRICA-Teams (Helitack-Crews) werden mit Hubschraubern in schwer zugängliche Gebiete geflogen, um dort Feuerlinien zu ziehen, Hotspots zu bekämpfen und die Luftabwürfe zu unterstützen. Sie ähneln den steirischen Flugdienst Einheiten, verlegen aber direkt mit dem Hubschrauber in den Schadensraum. Diese Teams zeichnen sich durch hohe physische Belastbarkeit und spezialisiertes Training aus welches auch taktische Brandbekämpfung und den Umgang mit schwierigen Geländeformen umfasst.

CEDEFO-Einheiten (Bodentrupps) arbeiten mit Löschfahrzeugen und Handwerkzeugen, um Feuer direkt zu bekämpfen, Brandschneisen zu schaffen und kritische Infrastrukturen zu schützen. Dieser Ansatz wurde in den letzten Jahren auch mit der Aufstellung der KHD Waldbrandzüge verfolgt und deckt sich somit mit den Ansätzen von INFOCA.

Ein weiterer Bereich, in dem INFOCA in den Jahrzehnten ihres Bestehens umfangreiche Erfahrungen sammeln konnte ist der Einsatz spezialisierter Löschfahrzeuge für die Waldbrandbekämpfung. In Andalusien befindet sich der höchste Gebirgszug der Iberischen Halbinsel, die Sierra Nevada mit 3482 m. Die andalusische Fahrzeugflotte umfasst verschiedene Fahrzeugtypen, die speziell für den Einsatz in schwer zugänglichem Gelände entwickelt wurden. Diese Fahrzeuge verfügen über Löschwassertanks mit 3.000–5.000 Litern, Selbstschutzsysteme und eine sehr eingeschränkte Ausrüstung um die Geländefähigkeit der Fahrzeuge zu erhalten. Kompakte Geländewagen mit Schnellangriffseinrichtungen und Basisausrüstung ausgestattet sind teil des Fuhrparks um kleine Brände frühzeitig bekämpfen oder Patrouillen in unwegsamem Gelände durchführen zu können. Großtanklöschfahrzeuge bilden das Rückgrat der Wasserversorgung. Der Austausch zeigte, dass die Entwicklung oder Beschaffung solcher Fahrzeuge eine zentrale Rolle bei der Verbesserung der Einsatzfähigkeit spielt.

INFOCA nutzt modernste Technologien wie GPS-gestützte Ressourcennachverfolgung, Drohnen zur Überwachung von Brandgebieten und den SimTable, ein innovatives Simulationswerkzeug für die Ausbildung. Dieser ermöglicht es Einsatzkräften, reale Szenarien nachzustellen und Strategien in einer sicheren Umgebung im Lehrsaal zu testen. Das Expertenteam hob in seinem umfassenden Abschlussbericht hervor, wie wertvoll ein solches System auch für die Schulung steirischer Einsatzkräfte sein könnte, um komplexe Einsatzsituationen besser zu trainieren.

Ein weiteres Highlight war die Arbeit der Agentes de Medio Ambiente, die eine Schlüsselrolle in der Untersuchung von Brandursachen spielen. Mit modernster Technik und einer strukturierten Herangehensweise tragen sie nicht nur zur Aufklärung von Bränden bei, sondern auch zur Weiterentwicklung von Präventionsstrategien. Die Erkenntnisse dieser Experten fließen direkt in Schulungsprogramme und politische Maßnahmen ein, die auf die Reduzierung von Brandrisiken abzielen.

Der Expertenaustausch bei INFOCA hat deutlich gemacht, wie wertvoll internationale Zusammenarbeit sein kann, um den Herausforderungen moderner Brandbekämpfung bei Wald- und Vegetationsbränden zu begegnen. Das steirische Expertenteam konnte eine Vielzahl von Ansätzen und Technologien kennenlernen, die das Potenzial haben, die Waldbrandbekämpfung in Österreich auf ein neues Niveau zu heben. Besonders hervorgehoben wurden die Bedeutung eines integrierten Einsatzmanagements, der Koordinierte und spezialisierte Einsatz von Luftfahrzeugen, die Nutzung moderner Technologien und die kontinuierliche Weiterbildung der Einsatzkräfte.

Der Landesfeuerwehrverband Steiermark bedankt sich herzlich bei INFOCA und der Regionalregierung von Andalusien für die Gastfreundschaft und die Möglichkeit, an diesem einzigartigen Programm teilzunehmen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden in den kommenden Monaten analysiert und sollen auch in die Weiterentwicklung des steirischen Feuerwehrwesens einfließen. Finanziert wurde der Austausch vollständig durch das Exchange of Experts Programm der Europäischen Kommission.

Der umfassende Expertenbericht kann unter folgendem Link heruntergeladen werden:

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Text: ABI Dipl.-Ing. Dr. Hannes Kern


 

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